Gottes Sache – oder: Wie das Glück sich vermehrt
Es war einmal ein Mensch, der empfand oft negative Emotionen. Mal ärgerte er sich und war wütend, mal grämte er sich und war traurig. Zwar freute er sich manchmal auch und war glücklich, aber Wut und Trauer kamen immer wieder. Es war ein stetiges Hin-und-Her.
Dieser Mensch kam dann auf die Idee, dass Wut und Trauer vielleicht wegbleiben würden, wenn er bestimmte Dinge erreichen würde. Also setzte er sich Ziele und machte sich an die Arbeit.
Im Laufe der Jahre merkte er dann aber, dass jedes erreichte Ziel wieder neue Ziele hervorbrachte, dass jedes gelöste Problem über kurz oder lang wieder zu neuen Problemen führte und dass nach jedem überwundenen Hindernis immer bald das nächste kam.
Deswegen ging auch das Hin-und-Her zwischen Wut, Trauer und Glück immer weiter, obwohl er nach und nach immer weitere Ziele erreichte. Er ahnte, dass dauerhafte Zufriedenheit also vielleicht gar nicht im Erreichen von Zielen zu finden war.
Diese Ahnung führte ihn auf eine große Forschungsreise. Er begann, außerhalb des gewohnten Rahmens nach Antworten zu suchen. Er vergrößerte seinen Suchradius immer weiter und durchkämmte immer mehr Gebiete der Welt und des Geistes nach der dauerhaften Zufriedenheit, die er sich wünschte.
Sein Suchen führte ihn zwar immer wieder zu neuen Erkenntnissen, aber jede Erkenntnis warf wieder neue Fragen auf. Er merkte, dass er wieder dasselbe Spiel wie damals mit den Zielen spielte.
Doch eines Tages stieß er dann, scheinbar zufällig, auf folgende Weisheit: ‘Ich bin so weit gereist auf meiner Suche nach Gott. Doch erst als ich anhielt und mich umdrehte, fand ich ihn. In mir.’
Da fragte er sich: Könnte es sein, dass sich das mit dem Glück und der Zufriedenheit genauso verhält?
Eins führte zum anderen und so traf er auf einen alten Mann, der behauptete, dass Gott bloß ein anderer Name für Glück war. Das verstand der Mensch zunächst nicht und er fragte sich, ob der alte Mann verrückt oder weise war.
Also begann er, die Aussagen des alten Mannes genau zu studieren und gründlich zu überprüfen. Das führte seine Forschungsreise in eine ganz neue Richtung: Nach innen.
Anstatt die Welt zu erforschen, erforschte er nun sich selbst. Denn der alte Mann hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er sich selbst immer mitnimmt, ganz gleich wohin er geht und was er erreicht.
Nach einigen Jahren begriff er dann, dass der alte Mann Recht hatte und dass Gott wirklich nur ein anderer Name für Glück und Zufriedenheit war. Und dass es noch viel mehr Namen dafür gab, in vielen verschiedenen Sprachen und vielen verschiedenen Geschichten.
Und dass die meisten Menschen Gott beziehungsweise das Glück ihr ganzes Leben lang nicht finden, weil sie immer außen, aber nie innen suchen.
Als er das verstanden hatte, fragte er den alten Mann, was man denn nach dieser Erkenntnis noch im Außen machen sollte. Da fragte ihn der alte Mann, ob er schonmal etwas nur aus Spaß gemacht hatte, nicht um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Da wurde dem Menschen klar, dass man Dinge ja nicht nur tun konnte, um Glück und Zufriedenheit zu erlangen, sondern dass man ja auch Dinge tun konnte, um Glück und Zufriedenheit zum Ausdruck zu bringen.
Und dass das dann manchmal auch andere Menschen erfreute und dass sich das Glück auf diese Weise vermehrte.
Ihm kam der Gedanke, dass das ja eigentlich Grund genug war und begann, aus Spaß allerlei schöne Dinge zu tun und zu machen und so lebte er dann glücklich und zufrieden bis ans Ende seiner Tage.
Bis dahin passierte natürlich noch alles mögliche, auch allerlei, über das er sich früher geärgert oder gegrämt hätte, aber immer dachte er sich: Innen gut, alles gut – und was innen ist, das ist ja meine beziehungsweise Gottes Sache.